18. März 2012

Autoreninterview mit Matthias Nawrat



Wollten Sie schon immer Autor/in werden?
Nein, ich habe zwar mit 14 zusammen mit einem Freund einen Roman angefangen und später auch immer wieder Schreibversuche gemacht, aber der Entschluss, wirklich vom Schreiben zu leben, kam erst, als ich neunzehn war und mit meinem Biologie-Studium begonnen habe.

Gab es eine Art Auslöser der Sie zum schreiben gebracht hat?
Vielleicht tatsächlich das Studium der Biologie, weil die Sprache der Naturwissenschaften so eine innere Abwehr in mir ausgelöst hat, ich wollte dieser objektivierenden Sprache eine subjektive Sprache entgegensetzen, aus dem Gefühl heraus, dass dieser materielle Ansatz der Naturwissenschaft nicht alles sein kann und dass die Wahrheit über den Menschen woanders liegt.

Haben Sie einen Autoren als Vorbild?
Einige: Max Frisch, Stanislaw Lem, Anton Tschechow, Ernest Hemingway, Wojciech Kuczok, Nabokov uvm.

Was sind Ihre Lieblingsbücher?
Zum Beispiel: Stiller von Frisch, Pnin von Nabokov, Lethargie von Kuczok, Frühstück bei Tiffany`s von Truman Capote

Welches Genre bevorzugen Sie als Leser?
Eigentlich egal, aber es muss ein bisschen ernsthaftere Literatur sein, nicht diese nach dem gleichen Muster gestrickten Thriller, Liebesromane oder Krimis, die es üblicherweise auf die Bestsellerlisten schaffen.

Was ist Ihre Lieblingsmusik?
Ich höre manchmal monatelang überhaupt keine Musik. Weil sie mich ablenkt, ich kann Musik nicht im Hintergrund hören, ich höre dann immer gleich ganz genau hin, welches Instrument was spielt, wie das Lied genau gemacht ist etc. Musikerkrankheit. Wenn ich dann mal eine Phase habe, in der ich selber Musik höre, dann meistens Jazz oder Rock

Haben Sie eine Art Ritual beim schreiben?
Ich fange oft mit einer Schreibübung an, bei der ich einfach drauf los schreibe, ohne dabei zu denken (Automatisches Schreiben)

Gab es bei Ihnen jemals Schreibblockaden und wenn ja was machen sie dagegen?
Ja, es gibt manchmal welche, aber ich beachte sie nicht, ich schreibe trotzdem fast jeden Tag, und irgendwann ist sie wieder weg. Ich habe glaube ich gelernt, dass Inspiration kommt und geht und dass man sie nicht erzwingen kann, aber man kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie kommt, in dem man jeden Tag schreibt. Und im Zweifelsfall schmeisst man zwanzig oder dreissig Seiten wieder weg, das macht mir nichts aus.

Woher nehmen sie die Ideen zu ihren Büchern?
Ich komme zufällig auf sie, beziehungsweise sie kommen auf mich, während ich schreibe. Ich folge diesen Zufällen dann und manchmal entwickeln sie sich ganz von alleine zu Texten. Die Sprache hat ein Eigenleben.

Ist eine Fortsetzung geplant?
Nein.

Schreiben Sie Hauptberuflich oder als Hobby nebenbei?
Hauptberuflich

War es scher einen Verlag zu finden?
Ich habe zehn Jahre gebraucht, aber zugegeben war auch vieles von meinen ersten Sachen ziemlicher Mist, im Nachhinein betrachtet. Jeder Autor hat seine eigene Entwicklungszeit und man ist nicht von Anfang an gut, handwerklich gesehen. Aber wenn man ein gutes Buch hat, dann ist es nicht mehr so schwer. Im Falle von „Wir zwei allein“ wollte es geich der erste Verlag drucken, dem ich es geschickt habe. Nur bis man soweit ist, ein gutes Buch geschrieben zu haben, das dauert eben seine Zeit. Bei manchen länger und bei manchen kürzer.

Beschreiben Sie sich selber in 3–4 Sätzen
Ich bin ziemlich melancholisch, manchmal verzweifle ich an der Welt und an mir selber, aber ich mache immer Witze darüber, wie fast alle Polen, Humor ist überhaupt das allerwichtigste. Ich bin ziemlich ehrlich, ich kann gar nicht unehrlich sein, ausserdem bin ich ziemlich gross und sitze gerne in Cafés herum. Ich bin unfähig dazu, ein geregeltes Leben zu führen, mit ein Grund dafür, dass ich Schriftsteller geworden bin, ich brauche die tägliche Freiheit, zu tun, was ich will. Allerdings bin ich süchtig nach Arbeit, ich muss jeden Tag schreiben und verzweifle, wenn ich an einem Tag nichts Gutes geschrieben habe.

Was würden Sie als ihre herausstechenste Charaktereigenschaft sehen?
Galgenhumor

Wo würden Sie am liebsten Leben und warum?
Ich will eine Wohnung in einer Grossstadt wie Berlin oder New York und ein Haus in der Pampa in Schweden oder irgendwo am Meer. Die Grossstadt ist wichtig für meine melancholischen Gehirnwindungen, die sich in den engen Strassenschluchten spiegeln. Das Haus in der Pampa für mein Bedürfnis nach Isolation.

Welchen Rat haben Sie für jemanden der selber schreiben möchte?
Das allerwichtigste ist es, immer und immer wieder zu schreiben, Hunderte von Seiten zu füllen, Schreiben ist wie alles andere eine Sache der Übung. Und das schlimmste ist eine Idee. Die Figuren und die Sprache müssen aus Dir sprechen, nicht Du aus den Figuren und aus der Sprache. Einfach losschreiben und das Vertrauen haben, dass die Geschichten dich abholen kommen. Fange erst an, analytisch zu denken, wenn du genug Material hast und lebende Figuren und so etwas wie eine geschichte. Zuvor schreibe mit der Bauchgrube.

Wenn sie einen Tag in der Rolle irgendeiner Figur verbringen könnten welche wäre das?
Puh, gute Frage. Vielleicht in der Rolle des Erzählers von Frühstück bei Tiffany`s, als Nachbar von Holly Golightly, die ich bezaubernd finde.

Was Für ein Gefühl ist es das eigene Buch in Händen zu halten?
Merkwürdig unreal. Man hat so eine komische Distanz zum Text, den man schon seit drei Monaten (zwischen Lektorat und Erscheinen) nicht gesehen hat, weil man längst an neuen Dingen schreibt. Aber auch schön. Weil man Jahre lang darauf hin gearbeitet hat.

Was erwarten sie von ihrer Zukunft als Autor/in
Ich würde gerne gerade genug Geld haben, um davon leben und schreiben zu können. Aber nicht viel mehr, weil Geld einen gemütlich und unfrei macht. Zu viel Geld sorgt für Übersättigung und Langeweile und das ist das Schlimmste.


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