23. Februar 2012

Autoreninterview mit Steffen Flügler

Steffen Flügler
Wollten Sie schon immer Autor werden?
Nein, beim besten Willen nicht. Ich hatte sogar die längste Zeit meines Lebens eine ausgeprägte Abneigung gegen alles, was mit Literatur zu hatte und schon in meiner Kindheit stets den Film bevorzugt. Ich wollte eigentlich immer Schauspieler oder Musiker werden.
Meine Leidenschaft für das Schreiben habe ich erst relativ spät (2008) entdeckt, allerdings dann sehr extrem.

Gab es eine Art Auslöser der Sie zum schreiben gebracht hat?
Es gab zwei prägnante Begebenheiten die mich zum Schreiben bewegt haben:
Ich hatte schon vor meinem Buch, welches ja von meiner 17-jährigen Drogenvergangenheit handelt, Vorträge über meine Lebensgeschichte gehalten. Aus dem Publikum kam dann immer öfter die Frage, ob es kein Buch von mir gibt bzw., ob ich nicht vorhabe eines zu schreiben. Da fängt man natürlich irgendwann mal an, sich Gedanken darüber zu machen.
Der zweite Auslöser war meine jüngere Schwester, die in Los Angeles als Regisseurin arbeitet und fast ausschließlich die Storys zu ihren Filmen selbst schreibt. Sie hatte mich mehr als 2 Jahre lang bearbeitet bzw. überredet ein Buch über mein Leben zu schreiben.
Als ich dann damit angefangen hatte, war ich, trotz meiner ablehnenden Grundeinstellung dem Schreiben gegenüber, sehr schnell Feuer und Flamme dafür.
Heute könnte ich mir eine Leben ohne das Schreiben überhaupt nicht mehr vorstellen.
  
Haben Sie einen Autoren als Vorbild?
Lexi Alexander, meine jüngere Schwester.

Was sind Ihre Lieblingsbücher?
„Schloss aus Glas“ von Jeannette Walls, „Krass“ von Augusten Burroughs, „Der Fänger im Roggen“ von J.D. Salinger und alles von Charles Bukowski, um nur einige zu nennen.
Auf Fantasy Romane stehe ich normalerweise nicht so, aber die Trilogie „Die Tribute von Panem“ finde ich echt klasse.

Welches Genre bevorzugen Sie als Leser?
Was das Lesen betrifft, bin ich genauso ein Spätzünder wie bei der Schreiberei.
Erst als ich so ca. 38 Jahre alt war und kurz vor meiner Therapeutenausbildung stand, hatte ich angefangen mich intensiv mit Büchern auseinanderzusetzen. Das war dann mehr Fachliteratur aus dem Bereich der Psychologie, psychische Krankheiten und Methodik etc., bis dann auch Motivationsbücher u.ä. hinzukamen. Nach dem Abschluss meines Studiums war mein Bücherregal dann prall gefüllt.
Es ist kaum zu glauben, aber bis ich anfing mein eigenes Buch zu schreiben hatte ich noch nie zuvor eine „lebendige Geschichte“ wie z. B. einen Roman gelesen.
Heute lese ich sehr viel und alles Querbeet, auch gerne Jugendbücher.

Was ist Ihre Lieblingsmusik?
Indie, Alternative, Punkrock, Hardcore und bedingt Hip Hop (wenn es nicht zu kommerziell wird). Auch viele ältere Bands mit gitarrenlastigem Stil zählen zu meinen Favoriten. Die Stones waren schon immer meine Lieblingsband, aber ich höre ihre Musik nur noch sehr selten.

Haben Sie eine Art Ritual beim schreiben?
Nein, kein bewusstes.

Gab es bei Ihnen jemals Schreibblockaden und wenn ja was machen sie dagegen?
Ich schreibe eigentlich nur, wenn ich auch den Drang dazu verspüre und dabei gibt es so etwas wie Blockaden nicht.

Woher nehmen sie die Ideen zu ihren Büchern?
Meine Veröffentlichungen haben alle einen rein autobiografischen Charakter. Die Geschichten, die ich aufschreibe habe ich also zuvor schon gelebt.

Ist eine Fortsetzung geplant?
Mein neues Buch „Anti-Streber“ wird in Kürze erscheinen. Es beschreibt einige Tage aus meinem Leben als 14-jähriger und hat das Thema Schulversagen und das daraus resultierende Verhalten im Fokus.


Schreiben Sie Hauptberuflich oder als Hobby nebenbei?
Ein Hobby war das Schreiben für mich noch nie gewesen. Ich habe ja mein erstes Buch in einen bereits existierenden Beruf eingebaut, auch wenn ich damals noch am Anfang damit stand. Deshalb kann ich auch nicht behaupten, mein Hobby zu meinem Beruf gemacht zu haben, sondern ich habe mein Leben zu meinem Beruf gemacht, weil meine Vorträge und Texte ausschließlich auf meiner Vergangenheit und Gegenwart basieren.

War es schwer einen Verlag zu finden?
Ich hatte erst gar keinen Verlag gesucht, weil mein ursprüngliches Vorhaben ja war, „Treppe in die Dunkelheit“ ausschließlich den Zuhörern meiner Vorträge als Ergänzung anzubieten. Also habe ich mich direkt an einen Selbstverlag gewandt, der es dann aber auch in den gängigen Onlinebuchshops angeboten hatte. Mittlerweile habe ich alleine auf Amazon ein paar Tausend Exemplare verkauft und bekomme regelmäßig Leserpost aus dem gesamten Bundesgebiet, Österreich und der Schweiz. Also, der größte Teil meiner Leser besteht schon lange nicht mehr aus dem Publikum, welches ich direkt anspreche.
Bei meiner zweite Veröffentlichung „Auf der Suche nach der Sucht“, handelt es sich um einen Text, den ich zu der Anthologie „Geschlossene Gesellschaft?“ beigetragen habe und bei der schon ein Herausgeber vorhanden war.
Mein neues Buch „Anti-Streber“ werde ich wieder durch den gleichen Selbstverlag veröffentlichen lassen, da ich ja bereits eine breitere Leserschaft für mich gewinnen konnte.

Beschreiben Sie sich selber in 3-4 Sätzen
Ich beschreibe ja in meinen Geschichten mit tausenden von Sätzen meine Persönlichkeit, aber dies in nur 3-4 Sätzen zu tun, ist selbst für mich äußerst schwierig. Okay, um den Schwierigkeitsgrad nochmal zu erhöhen, wähle ich nur drei Worte:
...hinfallen...aufstehen...weitergehen...

Was würden Sie als ihre herausstechenste Charaktereigenschaft sehen?
Durchhaltevermögen

Wo würden Sie am liebsten Leben und warum?
In der Gegend, in der ich lebe fühle ich mich wohl, kann mir aber auch sehr gut vorstellen einmal irgendwo anders auf dieser Welt zu wohnen. Dazu gibt es aber noch keine konkreten Vorstellungen und ich lasse, wie bei so vielen Dingen in meinem Leben, einfach alles auf mich zukommen.

Welchen Rat haben Sie für jemanden der selber schreiben möchte?
Schreiben! Schreiben! Schreiben! ...und versuchen es zu veröffentlichen...
Kürzlich lernte ich eine junge Frau kennen, die ich zu Anfang mit Literatur gar nicht in Verbindung gebracht hätte. Sie zeigte mir dann eines Tages sehr zögerlich ein Gedicht, das sie geschrieben hatte. Obwohl ich normalerweise mit Gedichten nicht viel anfangen kann, war ich sofort sehr begeistert davon und auch von dem Rest, den sie geschrieben hatte.
Mir hat das mal wieder vor Augen geführt, was für großartige Dinge in manchen Computern schlummern, oder auf dem Papier verstauben, während die Bestsellerlisten regelmäßig mit dem größten Müll zugeschüttet werden.

Wenn sie einen Tag in der Rolle irgendeiner Figur verbringen könnten welche wäre das?
Ich war noch nie ein Typ der sich stark mit anderen Personen identifizieren konnte bzw. mit irgendjemandem tauschen wollte. Mir fällt da jetzt echt niemand ein.

Was für ein Gefühl ist es das eigene Buch in Händen zu halten?
Ich konnte das Gefühl in der ersten Zeit gar nicht so richtig wahrnehmen. Der Postbote kam, ich packte das Buch aus und saß erstmal mit dem Teil da und wusste überhaupt nicht, was ich jetzt damit anfangen sollte. Dann überprüfte ich, ob auch wirklich alle Seiten drinnen waren...danach las ich es komplett durch, ob auch wirklich alles drin steht, was ich geschrieben hatte (obwohl ich von Natur aus kein sehr misstrauischer Mensch bin). Ich legte es auf die Seite und jedes mal, wenn ich es sah oder berührte, kam mir das alles völlig befremdend vor.
Einige Tage später, als ich es dann zum ersten Mal nach einem Vortrag zum Verkauf anbot, die Leute aufgereiht in einer Schlange vor mir standen und auch noch eine Signatur rein wollten, wurde mir zum ersten Mal richtig bewusst: Hey Mann, du hast ein Buch geschrieben und die Leute lesen das jetzt. Irgendwie hat mir das aber auch ein bisschen Angst gemacht und außerdem wusste ich weder mit welchen Worten, noch an welcher Stelle ich das Buch signieren sollte.
Diese Gefühle von Stolz oder Befriedigung, von denen andere Autoren berichten, kam eher in Raten und konnten sich erst nach Wochen und Monaten so richtig in mir ausbreiten.

Was erwarten sie von ihrer Zukunft als Autor?
Meine Schwester plant einen Film zu meinem Buch und steckt schon mitten in der Arbeit. Es wäre natürlich der Hammer, wenn das klappen würde. Zuerst müssen wir aber noch mehr Sponsoren, Produzenten etc. für dieses Projekt gewinnen, um mehr Planungssicherheit zu haben.
Ich bin selbst sehr überrascht, dass meine Buch einen so großen Anklang bei Jugendlichen findet und diese Altersgruppe mittlerweile mit die größte Gruppe meiner Leser bildet. Da ich durch meinen damals exzessiven Alkohol- und Drogenkonsum selbst nie wirklich eine einigermaßen normale Jugendzeit hatte, bin ich dieser Generation im besonderen Maße verbunden. Für die Zukunft wünsche ich mir deshalb, dass noch sehr viele Jugendliche mehr meine Geschichten lesen werden.

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