22. Februar 2012

Autoreninterview mit Thorsten Nesch

Thorsten Nesch
Wollten Sie schon immer Autor/in werden?
Ich formuliere die Antwort auf diese Frage gerne etwas anders. Aufgrund der Tatsache, dass es eigentlich unmöglich ist, einfach Autor zu werden, hatte ich für mich Mitte 20 beschlossen, Bescheiden zu leben, um weniger für Geld zu arbeiten, um mir so die Zeit zu erkaufen, die mir das Schreiben ermöglicht.

Gab es eine Art Auslöser der Sie zum schreiben gebracht hat?
Das Ende der Kindheit. Wenn man so will. Als es gesellschaftlich nicht mehr akzeptabel war, in die Schule zu kommen und zu erzählen, man hat mit Playmobil gespielt, habe ich begonnen meine Geschichten aufzuschreiben anstatt sie zu spielen. Hätte ich gewusst, dass das genauso wenig gesellschaftlich akzeptabel ist (es sei denn, man ist Bestsellerautor), hätte ich vielleicht weiter gespielt.

Haben Sie einen Autoren als Vorbild?
Nein. Vorbild ist auch großes Wort. Es gibt aber einige Autoren wie Roddy Doyle, die mehr als ein gutes Buch geschrieben haben. Das reicht allerdings nicht zum Vorbild. Außerdem zähle ich da auch den Menschen zu, und das sind nicht immer vorbildliche Zeitgenossen.

Was sind Ihre Lieblingsbücher?
Selbst bei einzelnen Büchern, finde ich oft nur gewisse Aspekte besonders herausragend. Diese Bücher schaffen es in ein spezielles Regal. Das letzte war „Der Joker“ von Zusak. Auch habe ich festgestellt, dass sich mein Geschmack im Laufe der Zeit ändern kann. Das andere Problem, ich lese wenige Bücher ein zweites Mal, blättere vielmehr oft wegen einigen Passagen darin herum. Dafür gibt es wirklich auch zu viel Neues für mich zu entdecken.

Welches Genre bevorzugen Sie als Leser?
Kein bestimmtes. Das hängt von meiner Stimmung ab. Daher habe ich auch nicht nur ein Genre, indem ich schreibe. Wenn ich einen Roman lesen möchte, gucke ich, wonach ich mich fühle. Und wenn ich mehrere Ideen habe für einen nächsten Roman, schaue ich, wonach ich mich wohl für die nächsten drei bis vier Monate fühle. Danach wähle ich aus.

Was ist Ihre Lieblingsmusik?
SingerSongwriter music, alternative folk/country, seit ich 15 bin hat sich das nicht geändert, es sind nur mehr und mehr Musiker dazu gekommen. Tom Waits läuft gerade, das Album Blue, „Romeo is bleeding...“, gestern lief John Prine.

Haben Sie eine Art Ritual beim schreiben?
Immer, wenn ich denke, ich habe eines, dann ändert sich das mit der nächsten Geschichte. Ich sehe jeden neuen Roman, jede neue Geschichte individuell, und danach richtet sich auch meine Herangehensweise.

Gab es bei Ihnen jemals Schreibblockaden und wenn ja was machen sie dagegen?
Die einzigen Schreibblockaden, die ich 15 Jahre lang hatte, waren die Zeiten, in denen ich für Geld arbeiten gehen musste. Zum Glück hatte ich viele Jobs mit tollen Menschen dabei um mich herum.

Woher nehmen sie die Ideen zu ihren Büchern?
Die fliegen mir wirklich zu. Die schwierige Frage ist immer, welche verwirkliche ich als nächstes! 

Ist eine Fortsetzung geplant?
Nein, aber ausschließen kann ich das nicht. Ich sehe meine Geschichten ständig als eine einzige. Bei meinen Figuren ist das so: Die tauchen immer wieder auf. Wer in der einen Geschichte ein Nebencharakter war, kann der Protagonist der nächsten werden, gleich alt oder zwei Jahre älter oder 20 Jahre älter, und natürlich auch im gleichen oder in einem anderen Genre. Mein eigenes kleines Universum. Das macht sehr viel Spaß. Zu sehen, wie sie sich entwickeln, andere Facetten zeigen. Letzte Woche habe ich einen Roman beendet, bei dem die Hauptfigur Basti ist, einer der sechs in SCHOOL-SHOOTER, nun aber 18 Jahre alt. Und gerade schreibe ich an einem Roman, dessen Hauptfigur der Freund von Frank aus VERKEHRT ist, Ralf, auch paar Jahre älter …

Schreiben Sie Hauptberuflich oder als Hobby nebenbei?
Es war nie mein Hobby. Für ein Hobby pfeift man nicht auf Karriere, Geld, Gesundheit, Liebe oder riskiert seine Freiheit. Mein Hobby ist SingerSongwriting. Das macht mir Spaß, aber ich komme auch ohne klar. Ohne Schreiben nicht.

War es schwer einen Verlag zu finden?
Ich habe die üblichen Ordner voller Verlagsabsagen. Letztendlich war es die Veröffentlichung der Nominierung als bestes deutschsprachiges Jugendbuchdebüt von JOYRIDE OST in Oldenburg. Und das habe ich einem Freund zu verdanken, der es dreimal ausgedruckt hat und binden ließ, unterschrieben und hingeschickt hat, weil zu dem Zeitpunkt war ich dafür zu pleite. Er hatte gesagt, Thorsten, die Story ist so gut, die muss da eingereicht werden. Letztendlich war es also Glück. Talent und Ausdauer reichen nicht alleine, dazu braucht man auch Glück. Wenn man hingegen Vitamin B hat, braucht man nichts weiter.

Beschreiben Sie sich selber in 3-4 Sätzen
Das tue ich doch die ganze Zeit schon :-)

Was würden Sie als ihre herausstechenste Charaktereigenschaft sehen?
Ehrlichkeit. Zuverlässigkeit, Ausdauer.

Wo würden Sie am liebsten Leben und warum?
Am Meer, wo es das ganze Jahr über warm ist. Weil ich gerne draußen im Schatten unter Palmen lese, schreibe, im Meer gerne schwimmen gehe und mir darüber hinaus noch das Geld für Winterkleidung und Heizöl sparen könnte. 

Welchen Rat haben Sie für jemanden der selber schreiben möchte?
Wenn du es nicht tun musst, dann tue etwas anderes. Arbeite etwas, was dir Spaß macht oder mit den richtigen Kollegen und schreibe nebenher. Wenn du feststellst, dass sich eine Woche ohne Schreiben nicht toll an fühlt, egal wo Du mit wem bist, hast du ein echtes Problem. Dann überlege, was du im Leben außer dem Schreiben brauchst und was du dafür tun musst.

Wenn Sie einen Tag in der Rolle irgendeiner Figur verbringen könnten welche wäre das?
Ganz spontan: Die Möwe Jonathan. Möwen sind meine Lieblingstiere, speziell Lachmöwen. Sie können fliegen, laufen, schwimmen, essen Fisch und haben scheinbar viel zu Lachen. Super.

Was Für ein Gefühl ist es das eigene Buch in Händen zu halten?
Das war toll, und das ist toll, aber nicht vergleichbar mit dem Moment, in dem man eine Geschichte als Roman zu Ende erzählt hat und zur Seite legt – ob die gelesen wird oder nicht, spielt dabei erstmal keine Rolle.

Was erwarten sie von ihrer Zukunft als Autor/in
Ich möchte einfach nur weiter schreiben können – ohne einen anderen Job. So viel und so konzentriert wie zurzeit.

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